Heinzelfrauchen
1. Wie war zu Köln es doch vordem
mit Heinzelmännchen so bequem!
Denn war man faul,... man legte sich
hin auf die Bank und pflegte sich:
da kamen bei Nacht,
ehe man's gedacht,
die Männlein und schwärmten
und klappten und lärmten
und rupften
und zupften
und hüpften und trabten
und putzten und schabten...
und eh ein Faulpelz noch erwacht,...
war all sein Tagewerk...bereits gemacht!
2. Aus alter Zeit stammt der Bericht,
der von den Heinzelmännchen spricht,
die nächtens halfen aller Welt -
bis sie des Schneiders Weib verprellt.
Nun müßt man allein
wieder fleißig sein,
erzählt die Geschichte.
Denn weg sei'n die Wichte.
So feine
und reine
und selbstlose Leute
fänd' man nicht bis heute.
Doch halt, Herr Dichter, hier irren Sie sich.
denn eine Fortsetzung davon erzählt unser Gedicht.
3. Wie war's bei Kirchens doch vordem
mit Heinzelfrauchen so bequem!
Denn war Mann faul, Mann ließ es sein,
die Heinzelfrauchen sprangen ein
bei Tag und bei Nacht,
und eh Mann's gedacht:
sie schwitzten und schwärmten
und klappten und lärmten
und rupften
und zupften
und hüpften und trabten
und putzten und schabten...
und eh ein Gottesmann erwacht,
war die Gemeindearbeit schon fast vollbracht!
4. Der Pfarrer sprach: Die kranken Leut',
wer könnte sie besuchen heut'?
Ich selber habe keine Zeit.
Schon steh'n die Heinzelfrau'n bereit.
Pilgern freundlich und nett
zu manch einem Bett.
Bringen Büchlein und Birne
und wischen die Stirne
und hegen
und pflegen
und schmiegen und schmeicheln
und wiegen und streicheln,
und eh' sie gleich weiter zum Nächsten gedüst,
wird stets noch kurz vom Herrn Pfarrer gegrüßt.
5. Mit großer Freude jedes Jahr
lädt der Herr Pfarrer zum Weihnachtsbasar.
Doch weil er nicht stricken und basteln kann,
müssen die Heinzelfrauchen ran.
Schon im Frühjahr geht's los,
und der Eifer ist groß:
Sie planen, erfinden
und schneiden und binden
und kleben
und weben
und schmücken und laufen,
bedienen, verkaufen.
Und zum Schluß überreicht, wie stets generös,
der Herr Pfarrer dem guten Zweck den Erlös.
6. Die Kirchenleitung, meistens Herrn,
tagt in der Kirche oft und gern.
Sie beraten der Seele himmlischen Lohn.
Für's leibliche Wohl sorgt - Man ahnt es schon! -
na, wer wohl? die Frauen,
die backen und brauen
und schmieren und schmecken,
verzieren und decken
und hecheln
und lächeln
und rücken und wühlen,
und sie sind schon beim Spülen,
als am Ende der Bischof für Speis' und Trank
dem Herrn Pfarrer sagt seinen herzlichen Dank.
7. So war's den frommen Herrn vordem
mit Heinzelfrauchen recht bequem.
Die Männer stolz im Rampenlicht,
die fleißigen Frauchen, die sah man nicht.
Ins Dunkle verbannt,
blieben sie unerkannt.
Das Dienen im Schweigen
war ihnen zu eigen,
das Tragen,
Entsagen,
das Leiden im Stillen,
den Herren zu Willen.
Ja, die Heinzelfrauchen war'n nützliche Leut'.
Warum wohl sieht man sie kaum noch heut'?
8. Neugierig war des Pfarrers Frau.
Sie sprach: Ich nehm' ein Licht und schau
mal, wer da ständig Tag und Nacht
für meinen Fritz die Arbeit macht.
Flugs leuchtet sie grell.
Um die Frauchen wird's hell.
Zum ersten Mal schauen
sich selbst nun die Frauen
und sehen,
verstehen
ihr heimliches Putzen
und wem das tut nutzen.
Das war für sie ein gar bitterer Schreck.
Und im nächsten Moment - husch, husch, husch! - waren sie weg.
9. Als das erfuhr der Gottesmann,
da stimmte er ein Jammern an.
Beklagt' sich auch bei seiner Frau.
Doch die erwiderte ihm schlau:
Jetzt muß halt der Mann
auch im Dunkeln mal ran:
beim Pflegen und Streicheln,
beim Hegen und Schmeicheln,
beim Laufen,
Verkaufen,
beim Rücken und Wühlen,
beim Fegen und Spülen.
Und klag' ja nicht: Ach, daß es wie damals noch wär'!
Denn diese Zeit kommt nicht wieder her!
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